Hamburg-Marathon 2015: Mit einer Staffel der IDAA durch’s Ziel

Gleich vorweg: Ein ganzer Marathon steht für mich nicht zur Diskussion. Doch bei einer IDAA-Staffel einspringen und die letzte Etappe von 9 Kilometern ins Ziel laufen? Klar, warum eigentlich nicht!

Der diesjährige Hamburg-Marathon am 26. April 2015 stand bei mir schon seit geraumer Zeit im Kalender. Nicht etwa, weil ich selbst mitlaufen wollte – die vollen 42,195 Kilometer sind eine Distanz, die für mich vermutlich im Leben nicht zur Diskussion stehen wird. Doch mein Mann war angemeldet, denn er hatte mit dem Hamburger Marathon noch eine Rechnung offen. Ich hatte mich also darauf eingestellt, mentale Unterstützung zu leisten, mich an verschiedenen Punkten der Strecke zu postieren, Christoph anzufeuern und zu fotografieren. Doch es sollte anders kommen.

IDAA: Ein Verein nicht nur für Elitesportler, sondern auch für Hobbyathleten

Etwa zehn Tage vor dem Marathon erreichte mich eine Mail IDAA, in der ich erst seit ein paar Monaten Mitglied bin. Ich hatte lange mit meinem Beitritt gezögert, weil mich die vielen Topathleten einschüchtern, die sich hier tummeln. Ihr wisst schon, die Marathons, Triathlon-Langdistanzen und für Freizeitsportler absurd lang erscheinende Radstrecken absolvieren. Irgendwann habe ich mich allerdings doch überzeugen lassen (danke, Arndt!), dass die IDAA sich nicht nur als Verein für Elitesportler versteht, sondern auch Freizeitathleten beim Sport mit Diabetes unterstützen möchte. Also auch Leute wie mich, die vor allem bei 10-Kilometer-Läufen und Triathlon-Kurzstrecken antreten und deren Namen immer irgendwo am Ende der Platzierungsliste auftauchen.

Ich mache gern mit – werde euch aber gehörig den Schnitt vermasseln…

Jedenfalls fehlte der IDAA noch ein Läufer oder eine Läuferin für ihre Staffel beim Hamburg-Marathon. Ich warnte das Team vor, dass ich ihnen vermutlich gehörig den Schnitt vermasseln würde, wenn ich mitmache – doch wenn die Gruppe nicht auf eine Top-Zeit aus wäre, würde ich teilnehmen und gern die letzte Staffel-Etappe von 9 Kilometern übernehmen (inklusive Zieleinlauf, yeah!). Und so kam es, dass ich am vergangenen Sonntag zusammen mit Detlef, Andreas und Nils in der IDAA-Staffel den Hamburg-Marathon lief.

Ob barfuß oder mit Schuhen – meine Teamkollegen waren super schnell

Und ja, ich vermasselte ihnen den Schnitt. Die drei Jungs waren nämlich extrem fix unterwegs. Detlef, der die erste Etappe von rund 16 Kilometern absolvierte, startete mit Five-Fingers statt mit Laufschuhen. Als er nach 1:18 Stunden die Wechselbox am Jungfernstieg erreichte, trug er die Five-Fingers an den Händen und lief barfuß – sein Lieblingslaufstil, wie ich mir schon vergangenes Jahr beim Triathlon hatte sagen lassen. Detlef übergab den Staffel-Chip an Andreas, der mir vorab versichert hatte, er werde verletzungsbedingt sicherlich kaum schneller als ich unterwegs sein. Pustekuchen – über seinen Garmin-Livetracker konnten Nils und ich von der U-Bahn aus verfolgen, wie Andreas mit einem Tempo von konstant 4:36 Minuten pro Kilometer an der Alster entlang gen Norden trabte. (Nur mal zum Vergleich: Ich peilte einen Kilometer-Schnitt von 6:40 bis maximal 6:30 an… das erschien mir bei meinem derzeitigen Trainingsstand realistisch auf 9 Kilometern Strecke.) An der U-Bahn Alsterdorf trennten sich unsere Wege: Nils startete am zweiten Wechselpunkt zu seiner rund 5 Kilometer langen Etappe, während ich am dritten Wechselpunkt auf meinen Einsatz wartete. Und auch Nils war viel schneller als gedacht, denn er brauchte keine 25 Minuten für seine Strecke.

Seitenstiche, Beinschwere, volle Blase, Schweinehund

Für mich hatte das unglaubliche Tempo meiner Teamkollegen zur Folge, dass ich in einem sehr schnellen Feld lief, das den gesamten Marathon wohl in kaum mehr als 3:30 Stunden schaffen würde. Die Läufer überholten mich in einem Affenzahn, was dazu führte, dass auch ich unwillkürlich das Tempo anzog. Auch Nils, der in der Wechselzone spontan beschlossen hatte, mich bis ins Ziel zu begleiten, trug dazu bei, dass ich schneller lief als es für mich auf einer solchen Distanz eigentlich machbar ist. Die ersten Kilometer meiner Etappe legte ich tatsächlich in ca. 6:10 Minuten pro Kilometer zurück, fühlte mich angesichts der Läufer um mich herum aber trotzdem wie die letzte lahme Gurke. Irgendwo bei Kilometer 5 schlug Nils vor, das Tempo anzuziehen, damit wir das Team in unter 3:40 Stunden ins Ziel bringen. Doch bei mir meldeten sich leichte Seitenstiche, Beinschwere , eine volle Blase und mein Schweinehund (der offenbar ein paar Hoffnungen auf die Hundewiese an der Alster setzte, an der wir vorbeilaufen würden). Meine Ansage, ich würde langsam laufen, war schließlich kein hanseatisches Understatement gewesen.

Glukosewert von 200 bis 235 mg/dl – eindeutig kein Wohlfühlwert!

Mein Zwischenstopp auf einem Dixi-Klo verschaffte mir nicht nur eine leere Blase, sondern auch eine willkommene Verschnaufpause. Doch danach wollten meine Beine nicht mehr so recht in Gang kommen. Möglicherweise war auch mein Blutzucker nicht ganz unbeteiligt an dem Einbruch: Ich hatte ca. eine halbe Stunde vor meinem Start einen Wert von 110 mg/dl gemessen und vorsorglich einen halben Nussriegel (etwa 1,7 KE) aus dem Starterbeutel gegessen. Dabei hätte ich nach meinen Erfahrungen mit den mit dem Freestyle Libre gemessenen Glukoseverläufen eigentlich wissen müssen, dass mein Zuckerwert nach dem Start (zumal bei dem für meine Verhältnisse hohem Tempo) eher ansteigen als abfallen würde. Keine Ahnung, was mich da geritten hat – jedenfalls zeigten die Scans beim Laufen beinahe bis zum Ende der Strecke Zuckerwerte zwischen 200 und 235 mg/dl an. Eindeutig kein Wohlfühlwert. Es ist mir immer noch ein bisschen peinlich, dass ich am Holstenwall und damit kurz vor dem Zieleinlauf noch eine Gehpause einlegen musste. Danke an dieser Stelle noch mal an Nils, der mich motivierte, doch wieder loszulaufen. Auf den letzten paarhundert Metern schlüpften auch Detlef und Andreas wieder auf die Strecke, so dass wir zu viert nach insgesamt 3:41 Stunden  über den roten Teppich ins Ziel liefen – einen kleinen Schlussspurt konnte ich meinen müden Beinen dann doch abtrotzen, um den Chip schnell über den Zeitnehmer zu tragen.

Die größte Herausforderung: Mein persönliches Tempo finden und halten

Im Ziel hatte ich dann einen Glukosewert von um die 160 mg/dl, den ich eigentlich auch  nicht hätte korrigieren müssen – wäre da nicht noch das alkoholfreie Weizenbier im Zielbereich gewesen, mit dem wir im Team anstießen. Dafür zeigte sich der Zucker bei der anschließenden Pizza im Portugiesen-Viertel gnädig, was ja auch keine Selbstverständlichkeit ist. Auf meine persönliche Leistung beim Marathon bin ich nicht sonderlich stolz, dafür umso mehr auf Christoph, der die gesamte Strecke in seiner persönlichen Bestzeit von 4:09 Stunden absolviert hat – und zwar ohne jegliche Gehpause, Muskelkrämpfe oder sonstige Leistungseinbrüche. Er war gut trainiert und ist exakt in seinem persönlichen Wettkampftempo gelaufen. Ich für meinen Teil habe gemerkt, wie schwer es sein kann, dieses persönliche Tempo zu finden und zu halten. Es war trotzdem eine tolle Erfahrung, zusammen mit den anderen IDAA-Startern den Marathon zu laufen. Und es ist definitiv nicht mein letzter Start für das Team IDAA – denn auch beim Hamburger Triathlon werde ich für die IDAA antreten. Mit meinem Tempo, das ich nur an meinen eigenen Vorjahresleistungen und nicht am Tempo meiner Mitstarter messen möchte.

Antje Thiel

Blog: suesshappyfit.wordpress.com

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