Rennbericht IRONMAN Hamburg

Ja! Geschafft! Ich bin eine Eisenfrau 🙂
Das Grinsen ist immer noch in meinem Gesicht,
Ziel erreicht mit einem Lächeln über die Finishline!
Mein Renntag war großartig. Früh morgens um 4.00 klingelte der Wecker, eine unruhige Nacht mit wenig Schlaf und hohen BZ liegt hinter mir, naja wenigstens haben meine Beine geruht, mein BZ bei 244. Ist es die reduzierte Basalrate, der immer noch schmerzende Brustwirbel, oder die Aufregung?
Zum Frühstück gibt es ein Brötchen mit Mandelmus, das ich mit ein wenig Fiasp abdecke, Renngetränk mischen und dann mit Mann und Gepäck ( Extraversorgung, Ersatzpen, -sensor und Insulin) los zur U-Bahn zum Start.
Wir sind schon seit Freitag in Hamburg, Treffen uns mit Mitstreitern und Supportern die aus dem ganzen Land angereist sind, geniessen die Spannung der Rennvortage, auch wenn es die Tage nur regnet und ich mir garnicht vorstellen will bei solch einem Wetter zu starten.
Sonntagmorgen, 5.30 Uhr in der Wechselzone, es ist trocken, frisch und der Himmel sieht so aus als wenn die Sonne heute noch scheinen wird. Die Spannung ist deutlich spürbar, überall Triathleten die vor sich hinwuseln, das Adrenalin steigt, alle Zweifel schiebe ich beiseite, nun ist es endlich soweit. Ein letztes Mal mit dem Libre checken immer noch stabile 244, bevor ich den in den Radbeutel stecke und dann ab zum Schwimmwartebereich. Dort treffe ich zufällig meine IDAA- MItstreiter Tobi und Andreas. Andreas, der wie ich auch eine weiße Badekappe trägt, die uns aus der Menge abhebt und den Sanitätern zeigt, hier schwimmt ein Diabetiker…
Überhaupt freue ich mich so kurz nach meiner Diabetesdiagnose 2014 auf die IDAA gestossen zu sein. Hier finde ich immer jemanden, der mir mit Rat und Erfahrung weiterhilft. Ohne diesen Verein hätte ich mich wahrlich nicht an den Start bei der Premiere vom IRONMAN Hamburg 2017 getraut.
Andreas und Tobi haben auch zur Sicherheit Gel im Ärmel unterm Neo und sind mindestens genauso aufgeregt wie ich, beruhigend für mich da beide ja Erfahrung als Diabetiker auf der Langdistanz haben und wissen worauf sie sich einlassen….
Schwimmen in der Alster, der Rollingstart macht es einfach, es gibt kein Gekloppe, keine Waschmaschine und so ist es einfach Losschwimmen und den Rythmus finden. 3,8 km ich hatte vergessen wie weit das ist und so bin ich froh das ich nach 2/3 der Strecke zum Landgang darf ( ob der wohl extra für uns Diabetiker erfunden worden ist , damit wir “in Ruhe” ein Gel nehmen können?) ein Gel zu mir nehme und mich auf die restlichen Schwimmmeter mache.
Ich komme gut aus dem Wasser, beim Lauf in die Wechselzone sehe ich von der IDAA Antje und freue mich dass sie und Christoph sich so früh auf den Weg gemacht haben um uns zu unterstützen.
Libremesswert im Wechselzelt 176, also alles richtig gemacht und ab aufs Rad. Nach dem Trubel in der Wechselzone und den ersten Metern auf dem Rad, komme ich zu Atem, spüre Hunger , Frühstück ist ja mittlerweile mehr als 4 Std. her, in Hinblick auf die Köhlbrandbrücke und die kommenden Kilometer fange ich an zu Essen, Riegel und mein Dextro-Traubengemisch. Ich genieße die abgesperrte Strecke, den Hammerausblick von der Brücke und schwupps bin ich auch schon in Hamburg-Harburg. Dort geht es los mit den Höhenmetern , die nie heftig vom Anstieg sondern eher fies schleichend sind. Die Erinnerung an die IDAA-Himmelfahrtstour auf dieser Strecke mit Tobi und Christoph und den anschliessenden Spendenlauf bei dem so garnichts mehr ging kehrt wieder und ich beschliesse ein wenig ruhiger zu fahren, der Tag ist noch lang und meine Energie soll gut verteilt werden.
Nach ca. 30 Kilometern fühlen sich meine Beine wie Gummi an, ohje es sind doch erst 1/6 der Radstrecke geschafft. Ich falle vor Schreck fast vom Rad bei den Blick auf mein Libre 384- Tendenz steigend, ich halte, spritze 3 E Fiasp, es braucht fast 1 Std bis der Anstieg gestoppt ist, eine weitere bis ist der BZ bei 140 angekommen ist. Mittlerweile bin ich auf der 2. Radrrunde angekommen.
In Harburg sehe ich Antje und Christoph wieder, Motivation für die anstehenden kommenden Höhenmeter.
Zuversichtlich trete ich in die Pedalen, der BZ stimmt, ich nehme bei Km 118 meine 2. Radflasche mit Spezialgemisch auf, freue mich das mein Stoffwechsel nun mitmacht und hoffe weiterhin das alles gut geht, ich keine Panne haben werde und schon 2/3 der Radstrecke geschafft sind.
Puhh, zu früh gefreut, zickt da mein rechter Oberschenkel? Der Oberschenkel, der schon vor 5 Wochen vor dem Testwettkampf in Damp zwickte und zwackte und eigentlich nicht mehr so recht Rad fahren wollte? Das kann doch nicht sein.. ich habe den Muskel doch Wochen vorher gerollt, gedehnt, Magnesium gegeben und versprochen nach dem 13.08. bekommt er Ruhe, was soll das nun?
Ich nehem eine Salztablette, schalte einen Gang niedriger. Das Zwicken wird größer, kurz vor einem richtigen Krampf fühlt sich das an, jetzt aufpassen das der Muskel nicht ganz dicht macht, dann wäre es das wohl gewesen. Gefühlt radle ich nur mit dem linken Bein weiter, das rechte mag so garnicht angewinkelt werden, also leichte hohe Trittfrequenz.
Hat ja keiner gesagt dass das ein leichter Tag werden wird, also Zähne zusammen beissen und weiter. Irgendwann komme ich in Harburg an und kann gefühlt die letzten 20 km rollen. Kurz nach Harburg steht eine Frau mit dem Schild: Wer hat gesagt Hamburg hat keine Berge?(oder so ähnlich) ich grinse und freue mich die meisten Kilometer hinter mir zu haben.
Ich komme endlich vom Rad, das war langsamer als geplant, was soll’s, heute ist die Zeit egal, Hauptsahe ich komme rechtzeitig ins Ziel.
Mein BZ liegt bei 180 als ich auf die Laufstrecke gehe, also Ok und dann geht es los:
der 1. Marathon überhaupt und ein zwickwender Oberschenkel, der mich immer wieder gehen lässt. Mein BZ pendelt sich auf den kommenden Stunden zwichen 150-210 ein, ich spritze jeweils nach ca. 2 Std. vorsichtig , da ich beschlossen habe von Cola zu Cola zu laufen.
Es wird eine lange Tour, mit viel Gehen zwischendrin. Mein BZ ist auf der letzten Runde nach dem Wendepunkt bei 200, ich mag keine Cola mehr. Die letzten 5km traue ich mich nicht mehr zu Laufen aus Angst davor dass die Beine auf den letzten Metern versagen.
Was für eine grossartiges Publikum! Hamburg es ist ein Fest mit Dir! Danke!
Überall sind Menschen die Anfeuern, Jubeln, Begeistert sind einfach nur weil ich mit mache und dann zwischendrin liebe vertraute Gesichter.
Supporter von überall angereist, Menschen die mich schon das ganze Trainingsjahr und die Zeit davor begleiten, mein Bernd, der unterstützte im Alltag und im Training wo er nur konnte, meine Trainingsplanerin und- betreuerin Judith Heinze von Tricamp.de, die immer genau wusste was gut für mich ist und mich bis zu diesem Punkt gebracht hat.
Dann nach vielen Stunden, in denen das Lächeln nicht aus meinem Gesicht zu zaubern war, da ich mir sicher war das Ziel zu erreichen, endlich die Finishline!
Getragen vom Publikum, den Endorphinen war es soweit,
You are an IRONMAN!

 

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T.P.

Liebe Bianca,

ich gratuliere Dir zu Deiner Wahnsinns Leistung. Darauf kannst Du und auch Bernd sehr, sehr Stolz sein. Solche Leistungen gehen nur, wenn die Familie dies mit unterstützt.
Herzlichste Grüße aus Dresden,
Torsten

Andreas

Vor dieser grandiosen Leistung kann ich nur den Hut ziehen, denn mein IM war nach der Hälfte der Radstrecke vorbei. Und die Schilderung der Gründe passt irgendwie hierhin, aber fast noch mehr auf die FIASP-Seite, sodass ich ihn teile.

Ich hoffe, Bianca, Du hast nichts dagegen, wenn ich den sportlichen Verlauf hier kurz schildere … und dann Deine Seite verlasse, denn schließlich ist mein Wettkampf schnell geschildert: Es ist keine Heldentat, kein Ironwar oder ähnliches.

Zunächst war ich gut unterwegs. Noch nie hat mir Schwimmen so viel Spaß gemacht. Nach einem verregneten Vortag strahlt die Sonne vom (zu diesem Zeitpunkt) blauen Himmel, immer wieder schwimme ich Brust und nicht Kraul, nicht nur weil ich derzeit zu wenig Kraft habe, 3,8 km durchzukraulen, sondern vor allem weil ich die sensationellen Ansichten von Hamburg genießen möchte: Die Sonne beleuchtet die imposanten Fassaden an der Binnenalster brilliant, so habe ich die noch nie gesehen! Der Weg zurück aus der Außenalster: einfach unvergesslich! Zuvor habe ich mich vor lauter Gucken verschluckt: Hhhhzzz, hhhhz, hhhhzzzz – gefühlte Ewigkeiten bekomme ich keine Luft, drehe mich auf den Rücken … und irgendwann ist die beklemmende Situation vorbei und es geht wieder weiter.
Nach 1:21 steige ich aus dem Wasser. Fühle mich erholt und frisch, bin absolut überrascht, wie leicht mir dieser Teil gefallen ist. (Was nicht so gut gelaufen ist, ist dann an anderer Stelle zu lesen.)
Da ich aufgrund der 13-15 Grad frischen Temperaturen nicht im ärmellosen Triathlon-Trikot gestartet bin, ziehe ich mir schnell ein wärmeres Radtrikot über (was nicht ein permanentes Frösteln auf dem Rad verhindert) und radele los. Auch hier macht alles einfach nur Spaß: Es wird super fair gefahren, alle bemühen sich, Windschatten zu vermeiden. Die Strecke finde ich sehr abwechslungreich: Urbanes trifft Hafenindustrie trifft Landwirtschaft. Ständig geht es auf und ab, der Wind kommt meist von vorne, sodass erst am Ende der ersten Runde die Leistung beurteilt werden kann: 31er Schnitt trotz 10 minütiger Pause (samt Telefonat, aber dazu wo anders mehr).
Mein Triathlon-Rad hatte ich extra nicht mitgenommen, weil ich mir das Tempo nicht zugetraut habe. Auf meinem Alu-Rennrad von 2001 wollte ich eine lockere Runde fahren, und so hat sie sich auch angefühlt. Also kein Grund aufzuhören, sondern auf geht’s in die zweite Runde: Denkste … ich steige vom Rad.
Der Grund dafür ist – davon bin ich überzeugt – meine Reaktion auf Fiasp oder umgekehrt, die Reaktion Fiasps auf mich.

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